Die europäische Versicherungsaufsicht EIOPA hat am 20. Juli 2022 Hinweise zur Integration von Nachhaltigkeitspräferenzen in den Beratungsprozess veröffentlicht – noch im April hatte die Aufsicht einen Entwurf für verbindliche Leitlinien konsultiert. In den Konsultationsprozess hatte sich auch der Vermittlerverband Votum gemeinsam mit acht weiteren deutschen Organisationen aktiv eingebracht.
„Mit der Veröffentlichung von rechtlich unverbindlichen Hinweisen („Guidance“) rückt die Aufsicht von dem Vorhaben ab, europaweit verbindliche Vorgaben („Guidelines“) im Bereich der Abfragemethodik von Nachhaltigkeitspräferenzen setzen zu wollen“ erklärt Votum-Vorstand Martin Klein.
„Dieses ungewöhnlich deutliche Zurückrudern der EIOPA ist ein klares Signal an die Finanzbranche: Die gerechtfertigte Kritik von Organisationen wie Votum wurde gehört. Die EIOPA hat anerkannt, dass es auf Grund der noch nicht abgeschlossenen Regulierungsinitiativen sowie der Tatsache, dass die Anwendung der Rechtsvorschriften zur Ermittlung der Nachhaltigkeitspräferenzen vor dem Inkrafttreten der Frist für die Meldung von Unternehmensdaten im Rahmen der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung erfolgt, aktuell noch deutlich zu früh ist, um eine verbindliche Leitlinie zu formulieren“, so Klein weiter.
Mit den nun veröffentlichten Hinweisen möchte sich die Aufsicht laut Votum an der „Seitenlinie“ positionieren und die Umsetzung der Abfragepflicht von Nachhaltigkeitspräferenzen ab August 2022 in der Praxis erst einmal beobachten. Klein weiter: „Auch wenn die Hinweise noch zahlreiche diskussionswürdige Umsetzungsvorschläge beinhalten, so begrüßen wir diesen Sinneswandel doch ausdrücklich. Die EIOPA ist bereit, die Entwicklung in der Praxis weiterhin zu beobachten und es gilt hier mit kreativen Lösungsansätzen die aus Kundensicht bestmögliche Umsetzung zu erarbeiten, damit die Berücksichtigung der Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden ein zufriedenstellendes und befriedigendes Beratungserlebnis wird und nicht zur bürokratischen Horrorerfahrung verkommt.“
Beispielhaft für die Annäherung an die Beratungspraxis können laut Klein mehrere Punkte angeführt werden. So enthält die Guidance konkrete Empfehlungen für die Anwendung einfacher Sprache, um den Kunden die Thematik der Nachhaltigkeitspräferenzen zu erläutern. Das sei im Entwurf aus April noch nicht der Fall gewesen.
Darüber hinaus öffnet sich die EIOPA einer deutlich einfacherer strukturierten Kundenbefragung. Im alten Entwurf wollte die EIOPA die Unternehmen noch verpflichten, mit den Kunden eine ergebnisoffene Anpassung seiner Nachhaltigkeitspräferenzen zu erörtern, ohne dass es dem Berater möglich gewesen wäre, dem Kunden konkrete Produkte vorzustellen. In dem neuen Leitfaden wird nun ausdrücklich ermöglicht, dem Kunden Alternativprodukte vorzustellen. Der Kunde muss lediglich befragt werden, ob er bereit wäre, seine Nachhaltigkeitspräferenzen anzupassen – ist dies der Fall kann der Vermittler, Produktvorschläge unterbreiten, wobei er aufzeigen muss, in welcher Form diese den Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden entsprechen und wo dies nicht der Fall ist.
„Die EIOPA hat hier erstaunliche Flexibilität gezeigt und ihre Zusammenfassung der eingereichten Stellungnahmen zeigt, dass man sich intensiv mit den Bedenken der Organisation auseinandergesetzt hat, die eine Stellungnahme eingereicht haben. Es zeigt sich hier, dass die häufig mühselige Teilnahme an derartigen Konsultationen tatsächlich Früchte tragen kann, wenn man in der Lage ist, die Argumente gut begründet vorzutragen“, so Klein abschließend. (DFPA/JF1)
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